O1R41 Verhalten bei Unfällen (Nadelstichverletzungen)
Bei Vorfällen wie Stich- oder Schnittverletzung durch gebrauchte Medizinprodukte oder Spritzer von Körperflüssigkeiten oder Chemikalien auf verletzte Haut und Schleimhaut, oder Augen und Mund werden die entsprechenden Sofortmaßnahmen ergriffen.
Dabei werden bei Chemikalien die Hinweise des Herstellers auf dem jeweiligen Sicherheitsdatenblatt beachtet. Der Vorfall wird anschließend detailliert im Verbandbuch (Verbandbuchzettel) der Praxis dokumentiert.
Nadelstichverletzungen sind grundsätzlich Meldepflichtig (Zuständige BG). Die Meldeformulare können online, über die zuständige BG ausgefüllt werden. Eine Meldung ist grundsätzlich auch bei einem Arbeitsausfall von mehr als 3 Tage erforderlich.
Sofortmaßnahmen bei Nadelstichverletzungen
Maßnahmen nach Nadelstichverletzung (BG-Unfallursache Nr. 1)
Verletzung mit spitzen, scharfen Gegenständen, Schnittverletzungen, Sekretspritzer in Augen, Mund, Kontamination geschädigter Hautstellen.
Gefahrenquellen und infektiöses Material
Infektionsgefahr für Hepatitis B, C und HIV besteht z.B. nach:
- Nadelstichverletzungen,
- Schnittverletzungen,
- Sekretspritzern (Blut oder andere Körperflüssigkeiten) auf Schleimhäute (Mund, Nase, Augen),
- intakte oder geschädigte Haut.
Sofortmaßnahmen nach Kontakt mit infektiösem Material
Intakte Hautstellen mit Wasser und Seife waschen und anschließend Desinfektion mit einem viruzid wirksamen Hautantiseptikum. Geschädigte, entzündete Hautstellen großzügig Spülen mit einem viruziden Hautantiseptikum. Bei Stich- oder Schnittwunde Blutung der Wunde durch Druck auf das direkt umgebende Gewebeanregen, anschließend mindestens 10 Minuten mit einem viruziden Hautantiseptikum spülen. Augen sofort Spülen mit PVP-Jodlösung* 2,5% über mindestens 10 Minuten, falls nicht vorhanden, mit Wasser. Mundschleimhaut mehrmals spülen mit 80%-igem Alkohol, falls nicht vorhanden, mit PVP-Jodlösung* 2,5% oder mit Wasser.
Bemerkung:
Überempfindlichkeit gegen Jod beachten?
Weitere Maßnahmen:
Benachrichtigung des Betriebsarztes oder Durchgangsarztes (D-Arzt). Arztkontakt innerhalb einer Stunde erwirken. Infektionsquelle recherchieren: Patient bekannt? Blutstatus der möglichen Infektionsquelle erheben (Hepatitis B, C, HIV). Eintrag ins Verbandbuch. Meldung an Pflegeleitung
Vorgehen des Arztes:
Impfstatus/Antikörperstatus des Verletzten und der potenziell infektiösen Kontaktperson erheben (Hepatitis B, C, HIV) durch Blutabnahme - Nullwert -HIV-Test (Einverständnis des Verletzten; Duldungsgebot beachten)
Maßnahmen bei potenzieller Infektionsgefahr
HIV:
Entscheidung zur medikamentösen Prophylaxe innerhalb von Stunden treffen und mit der Behandlung beginnen
Hepatitis B:
Entscheidung zum weiteren Vorgehen treffen Passive Immunisierung innerhalb von Stunden (auch noch 24 Stunden später sinnvoll), z.B. Hepatect, i.v. Aktive Immunisierung gegen Hepatitis B durchführen (Simultanimpfung möglich), z.B. Tag 0 - 6 Wochen - 6 Monate
Hepatitis C:
Verlaufskontrollen keine weiteren Akutmaßnahmen
Weiteres Vorgehen:
Erneute Testung auf Anti-HCV oder Anti-HIV.
Anlage:
Aushang Betriebsanweisung Nadelstichverletzung